Guerrero Negro

Hat der Reisende ungefähr die Hälfte der Halbinsel Nieder­kalifornien durchfahren, trifft er auf den Paralelo 28, den 28. nördlichen Breitengrad.

Ein 43 m hohes Stahlmonument (ein symbolisierter Adler) markiert hier die Grenze zwischen den mexika­nischen Staaten Baja California Norte und Baja California Sur. Auch die Zeit­zone wechselt hier von der Pacific Time (MEZ minus 9 Stunden) zur Mountain Time (MEZ minus 8 Stunden). Eine Militär­basis, eine Tank­stelle und das La Pinta Hotel gruppieren sich um diesen Punkt entlang der MEX-1.

Fünf Kilometer südlich des Adlers liegt die Stadt Guerrero Negro, der „Schwarze Krieger“. Der Name bezieht sich jedoch nicht auf kriegerische Einge­borene, sondern geht zurück auf das amerikanische Schiff Black Warrior, das 1858 in der Einfahrt zur Scammon's Lagoon sank – überladen mit Walöl.

Guerreo Negro, früher allenfalls als Stopover auf dem langen Weg durch die Halbinsel von Bedeutung, hat heute etwa 10.000 Einwohner und ist eine wirtschaft­lich prospe­rierende Stadt. Vor Ort hat die Exportadora de Sal ihren Sitz, die größte Salz­gewinnungs­anlage der Welt. 1953 von einem Amerikaner gegründet und heute zu 49 % im Besitz von Mitsubishi (die restlichen 51 % hält der Bundes­staat Mexico), fördert die Gesellschaft das „weiße Gold“, aus dem Rück­stand des verduns­teten Meer­wassers.

Die Bedingungen zur Salzproduktion um Guerrero Negro sind besonders günstig, die Anlagen entsprechend gigantisch. Süd­westlich der Stadt erstreckt sich die weit­läufige flache Laguna Ojo de Liebre (Scammon’s Lagoon). Ihr salzreiches Wasser wird in riesige Verdunstungs­becken geleitet, die eine Fläche von 35.000 ha einnehmen. Der permanent über das Land streichende Wind trocknet die Becken innerhalb von drei Monaten aus. Zurück bleibt das auskristallisierte Salz, aus der Ferne eine Landschaft ganz in Weiß. Gewaltige Planier­raupen schieben das Salz zusammen, Ernte­maschinen beladen Transporter, bestehend aus drei Waggons, von denen jeder 120 Tonnen fasst. Diese bringen die weiße Fracht in die Wasch­anlage, wo sie gereinigt und auf Last­schiffe verladen zur ca. 100 km entfernten Insel Cedros verschifft wird. Erst dort ist das Meer tief genug, um großen Ozean­frachtern die Anlandung zu ermöglichen. Mit diesen gelangt das Salz in die Haupt­abnehmerländer USA, Kanada und Japan. Ein gigantisches Unternehmen, Lebens­ader und Arbeit­geber der Stadt mit einer Jahres­förderung von gegenwärtig 7,5 Millionen Tonnen!

Aber nicht nur das: Ökonomie und Natur sind in Guerrero Negro eng verzahnt. Zwischen Januar und April ist die Laguna Ojo de Liebre voller Grauwale. Das Gebiet, eines der drei von den Meeres­säugern besuchten an der Westküste Baja Californias, steht seit 1972 als Parque Natural de la Ballena Gris unter Schutz. Die Zufahrt zur Anlege­stelle der Beobachtungs­boote geht durch das Gelände der Salz­gesellschaft und kann mit einer Besichtigungs­tour der Anlagen verbunden werden. Für Wasser- und Watvögel stellen die flachen Gewässer ein ideales Nahrungs­reservoir dar. Allein auf dem Gelände der Salz­gesellschaft wurden 95 Vogelarten gezählt, davon 60 Durchzieher oder Überwinterer aus dem Norden und mehr als 35 Brutvögel. Auf den Platt­formen, die man auf Strom­masten befestigt hat, brüten über 100 Fischadler­paare. Dies macht Guerrero Negro zu einem inter­national anerkannten Ziel für ornitholo­gisch interessierte Reisende. Gerne arrangieren wir Beobachtungs­reisen mit unseren Vogel­experten; für eigene Unter­nehmungen bietet sich die Straße von Guerrero Negro nach Puerto Viejo an. Oder man besucht die Dunas de Soledad, ein System von sanft geschwungenen Küsten­dünen bis acht Meter Höhe. Westlich der MEX-1 gelegen, sind die Dünen frei zugänglich und faszinieren durch ihre ständige Veränderung. Viele Besucher spielen hier wie Kinder im Sand.