Von Bahuichivo über Cerocahui zur Barranca Urique.
Die Sierra Madre Nordmexikos ist ein schroffes, schwer zu überwindendes Gebirge. Nur wenige Menschen leben in dieser rauen Bergwelt. Die wenigen Orte entstanden meist aus ehemaligen Missionsstationen. So auch die 1.000-Seelengemeinde Bahuichivo, ein wichtiger Stopp auf der Eisenbahnlinie von Los Mochis nach Chihuahua. Bahuichivo liegt bereits auf 1.600 m Höhe. Die Luft ist klar mit einer niedrigen Luftfeuchtigkeit und die Sonneneinstrahlung ist intensiv. Truthahngeier kreisen am unglaublich blauen Himmel, und die Berghänge bedeckt licht stehender Wald. Chihuahua-Kiefern, Apache- und Ponderosa-Kiefern dominieren die vielen Eichenarten und die rotstämmige Texas Madrono, die wegen ihrer glatten Rinde im Volksmund auch als Frauenbein bekannt ist. Dazwischen wächst Wacholder, der wegen seiner rissigen, an eine Reptilienhaut erinnernde Rinde Alligator Juniper genannt wird. Die gerade gewachsenen Stämme der Kiefern sind hochbegehrt, so dass viele Einwohner der Region in der großangelegten Holzwirtschaft arbeiten.
Nach zwölf Kilometern auf holperiger Piste erreicht man die Ortschaft Cerocahui. Die ursprünglich ergiebigen Silberminen in der Umgebung sind heute erschöpft.
In Cerocahui steht eine der schönsten Missionskirchen der Sierra Madre. 1680 durch den Jesuitenpadre Juan Maria de Salvatierra gegründet, verfiel sie über die Jahrhunderte, wurde aber in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts unter Leitung seines modernen Nachfolgers Padre Andreas Lara restauriert. Dieser energische Padre entwickelte viel Tatkraft, um den Bewohnern der Region das harte Leben erträglicher zu machen. Er widmete sich besonders den Rarámuri-Indianern, für die er eine Internatsschule gründete. Ebenso trieb er den Bau der Straße voran, die heute dem Reisenden ein besonders beeindruckendes Erlebnis ermöglicht: den Abstieg in die Barranca Urique. Einige Kilometer hinter Cerocahui erreicht man den Rand dieser gewaltigen Schlucht am Aussichtspunkt Cerro Gallegos. Die Aussicht ist umwerfend. Man steht auf ca. 2.300 m Höhe, der zu Füßen liegende Canyon mit dem Städtchen Urique am gleichnamigen Fluss erscheint wie ein Spielzeug zum Greifen nahe, ist aber über 1.800 m tief!
Die Piste zum Silberband des Flusses am Boden des Canyons fällt steil und in Serpentinen ab. Mit jedem Meter Abstieg in den Canyon wird es wärmer und schnell machen die Kiefern- und Eichenwälder großwüchsigen Agaven und Mesquite-Bäumen Platz. Im Frühjahr beleben rosa und weißblühende Kletterpflanzen die Hänge. Sie gehören zu den Winden- und Bignoniengewächsen.
Am Grund des Canyons ist es verschwenderisch grün und die Luft tropisch warm. In den Wintermonaten ist dies ein ideales Klima! Urique ist eine Welt für sich. Malerisch an die Ufer des breiten Flusses geschmiegt, scheint sich hier seit der Gründung im Jahre 1690 nicht viel geändert zu haben, obwohl der Ort als cabicera municipio (Kreisstadt) ein fast 4.000 km² großes Gebiet verwaltet. Die ca. 2.000 Einwohner leben vom Anbau von Erdnüssen, Mangos, Papayas, Avocados und Zitrusfrüchten. Erst seit 1976 ist Urique über eine Straße erreichbar, davor waren Esel und Pferde das einzige Verkehrsmittel. Trotzdem sollte man für die 25 km von Cerocahui mindestens vier Stunden Zeit einkalkulieren und ein robustes Auto nutzen. Urique wurde 1995 an das Telefonnetz angeschlossen und wird seit 2001 mit Strom versorgt. Der Tourismus steckt noch in den Anfängen; kleinere Gästehäuser bieten akzeptable Unterkünfte. Abenteuerliche Floßfahrten auf dem schnell fließenden Río Urique gehören aber schon jetzt zum Programm der lokalen Veranstalter – fragen Sie uns!